Die Artussage

 

1. Teil

 

Einleitung

Sie ist die wohl bekannteste Sage des europäischen Abendlandes, war bereits viele Male Stoff imposanter Kinofilme und wurde im Mittelalter mehrmals von namhaften Dichtern und Schriftstellern ausgestaltet und ergänzt.

Und doch kennen die meisten Menschen nur einige nicht zusammenhängende Episoden der Artussage - die genauen Umstände gehen dabei oft unter; aber erst die Betrachtung der Sage in ihrer Gesamtheit mit den vielen bekannten Gesichtern und den ebenso zahlreichen Unbekannteren wie Sir Bedivere lassen uns die wahre Größe dieses mystischen Kapitels der englischen Geschichte erkennen.

Der erste Teil dieses Mystic-NET-Kapitels befasst sich daher eingehend mit der Artussage, von der sagenumwobenen Bestimmung Artus' zum neuen Herrscher bis zu dessen Tod. Es handelt sich dabei um eine freie Nacherzählung des Buches "König Artus" von Rosalind Kerven. Wer sich eingehender mit diesem Thema befassen möchte, dem kann man dieses Buch nur empfehlen.

Im zweiten Teil streifen wir auf Artus' Spuren durch Britannien und suchen Anhaltspunkte für seine Existenz. Es gibt auf diesem Gebiet nämlich sehr intensive Forschungsbemühungen, deren Ergebnisse der Öffentlichkeit bis heute jedoch hauptsächlich unbekannt sind.

 

König Artus

Als der alte König Uther Pendragon stirbt, stürzt Britannien in eine Krise. Im Land herrschen Chaos und Anarchie, wo früher einmal Gesetze Recht und Ordnung wahrten. Aber jetzt ist nichts mehr davon übrig: In London haben sich namhafte Ritter versammelt, um die Thronfolger durch Wettkämpfe und Duelle unter ihnen auszufechten.

Aller Anfang ist schwer

Der neue König sollte jedoch nicht aus ihrem Kreise stammen. Nur der weise Zauberer Merlin weiß, wer die Nachfolge von Uther antreten wird. Er reist nach London und erschafft dort vor einer Kathedrale einen verzauberten Marmorblock mit einem Amboss darauf, in dem ein Schwert steckt. Merlin kündigt vor den Rittern an, dass nach Gottes Wille derjenige, der das Schwert aus dem Amboss ziehen kann, neuer König werden solle. Nachdem alle hohen Adligen und Soldaten ihr Glück erfolglos versucht haben, tritt ein junger Mann vor den Amboss, zieht an dem Schwert, worauf dieses mühelos aus dem Amboss gleitet. Der Jüngling heißt Artus. Wenige Minuten später muss er sich in einem Handgemenge behaupten, da die Adligen sich betrogen fühlen und versuchen, einen solch "unwürdigen" Thronanwärter zu beseitigen. Nachdem aber Artus' Gegner einsehen müssen, dass sie im Kampf gegen ihn chancenlos sind, und nachdem er durch sein Versprechen, Britannien Wohlstand und Macht zu bringen, sich erneut als reif für das Amt erweist, akzeptieren sie ihn als Thronfolger.

Das Zauberschwert

Artus wird schließlich am Ostersonntag gekrönt und regiert Britannien in der folgenden Zeit von seinem Schloss zu Camelot. Da er jedoch jenes sagenumwobene Schwert, das ihn erst zum König machte, aus Ehrfurcht vor der Kathedrale in London zurückgelassen hat, fehlt ihm eine eines Königs würdige Waffe. So fragt er Merlin um Rat. Der weise Magier führt ihn daraufhin zu einem großen See. Als sie am Ufer ankommen, taucht aus dem Wasser eine Hand mit einem Schwert auf. Gleichzeitig erscheint den beiden Nimue, die Dame vom See. Sie erklärt, dass es sich bei der Waffe um Excalibur handelt, mit dem Artus viele Schlachten gewinnen werde. Allerdings solle er vor allem auf die Schwertscheide aufpassen, da sie ihm Schutz gebe, so lange er sie bei sich trage.

Die Tafelrunde

Auf der tagelangen Heimreise kehren sie eines Nachts auf König Lodegrances Hof in Cameliard ein. Dort trifft Artus des Königs Tochter Ginevra. Die beiden lernen sich kennen, schätzen und lieben. Noch in der selben Nacht hält Artus vor König Lodegrance um Ginevras Hand an. Der König hat schon viel von Artus' Taten gehört und fühlt sich geehrt, seine Tochter in die Hand eines solch tapferen Recken wie Artus geben zu dürfen. Während sich alle freuen, erscheint Merlin eine finstere Vision. Aber seine Warnung, dass Ginevra Artus Unglück bringen wird, geht im Freudentaumel der Gesellschaft unter. Ginevras Hochzeitsgeschenk ist ein großer runder Eichentisch, an dem sich Artus regelmäßig mit seinen Gefolgsleuten treffen soll, um die Probleme des Reiches zu besprechen. Um Platzstreitigkeiten zu verhindern, zaubert Merlin an jeden Sitz einen eingravierten Namen. An einer Stelle steht "Unheilssitz" - nur ein ganz bestimmter Mann darf sich hier niedersetzen, jeder andere wird zu Asche verbrennen, erläutert der Zauberer (Später nimmt dort der gute Sir Galahad Platz, für den der Sitz reserviert ist). In den folgenden Wochen kommen edle Ritter aus dem ganzen Land nach Camelot und nehmen ihre vorgesehenen Plätze ein, um Artus Gefolgschaft zu leisten. Sie alle schwören auf die Bibel, Schwache und Unschuldige zu beschützen und gütig und freundlich zu sein. Außerdem versprechen sie, sich vor Frauen zu stellen und Gerechtigkeit zu üben.

Merlins Fehler

Am Hofe von Camelot wird in den folgenden Monaten prunkvoll und ehrlich regiert, wie es nach außen erscheint. Im Inneren beginnt jedoch ein Konflikt zu schwelen. Merlin muss nämlich zusehen, wie sich Artus immer öfter von Ginevra beraten lässt, anstatt des Zauberers Rat zu erbitten. Der eifersüchtige Merlin ist darüber erbost und sehnt sich nach Zuwendung, ja sogar nach Liebe, weswegen er wieder zu Nimue, der Dame vom See, zurückkehrt. Da sie sich seiner Liebe zunächst widersetzt, bindet Merlin sie gegen ihren Willen mittels eines Zaubers an sich. Schließlich willigt Nimue ein, seine Liebe zu erwidern, aber sie möchte im Gegenzug in der Zauberei unterwiesen werden. Der törichte Merlin willigt ein und führt sie in eine abgelegene Höhle irgendwo in Cornwall. Und das sollte ihm zum Verhängnis werden. Nimue singt ihm ein Schlaflied, das er ihr selbst beigebracht hatte, und während Merlin durch den Zauber außer Gefecht gesetzt ist, flieht die Dame vom See und verschließt die Höhle mit einem magischen Schutzwall, den auch der Magier nie mehr durchbrechen kann. Merlins Fehlen fällt am Hofe von Camelot zunächst nicht auf. Der Untergang des einst mächtigsten Magiers des Abendlandes, der die Natur vollkommen beherrschte, sollte aber schließlich der Anfang vom Ende des Königreiches Britannien und Artus' Herrschaft sein.

 

Morgan Le Fay

Am Untergang von Camelot ist vor allem eine Person schuld: Die Hexe Morgan Le Fay, Artus' eigene (Halb-)Schwester. Sie hat ihm seinen Prunk schon immer missgönnt und ist von der Idee, ihn zu vernichten, geradezu besessen - sie geht für die Verwirklichung ihres Plans einen Pakt mit dem Teufel höchstpersönlich ein. Anfangs versucht sie noch, Artus durch ihre schwarze Magie und verzauberte Gegenstände heimtückisch zu ermorden. Als sie allerdings feststellen muss, dass der König vor allem von seiner Frau gut bewacht wird, gibt sie diese Versuche auf - trotzdem hat sie bereits einen Teilsieg errungen: Die Scheide von Excalibur hat sie eigenhändig in die Fluten eines reißenden Flusses geworfen - Artus kann jetzt nicht mehr auf ihren Schutz zählen. Morgan Le Fay greift jetzt zu einer noch hinterhältigeren Methode: Die streut als Hofdame verkleidet in Camelot das Gerücht, dass sich die Königin während der langen Reisen ihres Mannes oft nach Liebe und Anerkennung sehne. Mit dem Wissen, dass das Gerücht auch den schönen Ritter Lancelot erreichen werde, zieht sich Morgan auf ihre Burg zurück. Mit ihrem Plan hat die Hexe Erfolg: In der nächsten Zeit bildet sich zwischen Lancelot und Ginevra eine Romanze, die anfangs noch vor dem König geheimzuhalten ist.

Gralssuche

Der König hat auch ganz andere Sorgen. Ihm und den Rittern der Tafelrunde erscheint einmal eine Vision vom Heiligen Gral, dem Gefäß, aus dem Jesus beim letzten Abendmahl getrunken haben soll und das einige Tropfen seines Blutes beinhalten soll. Artus ist von der Erscheinung derart fasziniert, dass er es als eine Lebensaufgabe betrachtet, den Gral zu finden. Seine Ritter streben damit nicht nach irdischem Ruhm, sondern vielmehr nach vollkommener religiöser Erfüllung. So machen sich einige Ritter auf den Weg, um ihres Königs Wunsch nachzukommen. Die Monate und Jahre vergehen ... Erst nach langer Zeit kommen einige Ritter zurück, erzählen von ihrem langen Ritt durch Gebirge und Wüsten - aber sie alle haben versagt. Als schließlich der tapfere Ritter Lancelot als einer der letzten zurückkehrt, fragt man auch ihn nach dem Gral. Er sagt, er habe ihn nicht gefunden, "wegen seiner Sünde". Zum ersten Mal fährt König Artus ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf, aber er verwirft ihn als sofort absurd - ein Fehler.

Der Gral bleibt weiterhin ein Geheimnis. Erst als viele Jahre später ein alter Mann die Tore von Camelot durchschreitet und von seiner Suche erzählt, kommt Licht ins Dunkel: Der alte Mann, der ehrenwerte Sir Bors - Mitglied der Tafelrunde, hat den Gral gesehen. Er liege in einem weit entfernten Schloss, das nur der reine Mensch sehen könne. Dieses Schloss Carbonek und der Gral werde vom Fischerkönig (König Pelles) bewacht. Er gestatte es nicht, den Gral zu entfernen, da ihn Britannien nicht verdiene. Es gebe zu viele Sünder in diesem Land...

 

Das Ende von Camelot

Jetzt kann sich Artus dem Ende seines geliebten Königreiches nicht mehr entgegensetzen. Der ehrlose Sir Mordred sagt ihm ins Gesicht, dass Sir Lancelot zu Ginevra eine heimliche Liebesaffäre habe. Während er zunächst der Behauptung ungläubig gegenübersteht, muss er eines Tages nach einer Reise Farbe bekennen: Die Ritter unter Sir Mordred klagen bei seiner Ankunft Sir Lancelot an, sich mit der Königin nachts heimlich getroffen zu haben. Als die Ritter dann das Zimmer betreten hätten, um ihn zur Rede zu stellen, habe Lancelot sie nacheinander heimtückisch mit einem Dolch ermordet. Als Sir Mordred auf die Bibel schwört, die Wahrheit zu sagen, steht Artus' Entschluss fest: Er wird seine eigene Frau wegen Verrats hinrichten müssen und gegen den aufrührerischen Sir Lancelot Krieg führen. Damit ist die Freundschaft der Tafelrunde endgültig zerbrochen.</&P

Retter Lancelot?

Am Tage der Hinrichtung Ginevras kommt es jedoch zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall. Kurz bevor der Scheiterhaufen angezündet wird, jagt Sir Lancelot auf seinem Pferd herbei, schlägt alles, was sich ihm in den Weg stellt nieder und galoppiert mit der befreiten Ginevra zu seiner Festung Joyous Garde davon. Noch bevor sich die beiden Parteien - König Artus und Sir Lancelot - auf den Krieg vorbereiten können, spricht der Papst ein Machtwort und verlangt, die friedliche Beschließung des Konflikts. Ginevra, die sich durch die ganze Affäre persönlich getäuscht fühlt, sagt sich daraufhin von ihrem Mann los und zieht in ein Kloster; Sir Lancelot, der mittlerweile ebenfalls zur Einsicht gekommen ist, wird von Artus aus Camelot verjagt, ja sogar aus England. Lancelot zieht sich daraufhin nach Frankreich zurück.

Blutrache

Die Geschichte um Artus und die Ritter der Tafelrunde könnte hiermit bereits am Ende angelangt sein, wären da nicht Artus' Gefolgsleute, die ihre von Sir Lancelot getöteten Brüder und Freunde rächen wollen. Sie zwingen Artus schon fast dazu, gegen Lancelot in den Krieg zu ziehen. Schließlich willigt Artus ein und setzt als seinen Stellvertreter während seiner Abwesenheit Sir Mordred ein, womit sich auch Merlins Prophezeiung, Sir Mordred werde einmal Artus' Platz auf dem Thron einnehmen, erfüllt. Während die beiden Heere in Frankreich jahrelang ohne nennenswerte Vorteile für eine Seite miteinander im Krieg liegen, verbreitet Sir Mordred zu Hause das Gerücht, Artus sei in der Schlacht gefallen. Kurz darauf ernennt er sich selbst zum König - Britannien leidet unter seiner Schreckensherrschaft. Als Artus von den Schandtaten seines einstigen Stellvertreters erfährt, zögert er nicht lange, wieder nach Hause zurückzukehren und den Krieg in Frankreich gegen seine früheren Freunde aufzugeben. Als er die Küste Südenglands erreicht, erwartet ihn dort bereits Sir Mordred mit einem großen Heer. Auch Morgan Le Fay liegt hier auf der Lauer, abwartend auf eine Gelegenheit, ihren Bruder Artus und Mordred, der sich ihr jetzt verweigert, zu töten. Der Kampf dauert nicht lange. Artus' Seite gewinnt schnell alle Schlachten, und weil sie der König möglichst unblutig beenden will, bietet er dem Gegner einen Friedensvertrag an. Da dieser aber auf das gegenseitige Vertrauen aufbaue, dürfe niemand eine Waffe ziehen, ehe alle das Schlachtfeld verlassen hätten - sonst würde man zum grausamen Kampf zurückkehren.

Der Untergang

Als am Abend der Vertrag bei Brot und Wein besiegelt wird, ist Morgans Stunde gekommen. Sie verwandelt sich kurzerhand in eine giftige Viper und kommt aus ihrem Versteck herausgekrochen - geradewegs das gemeinsame Lager ansteuernd. Als ein Soldat die Schlange plötzlich neben ihm entdeckt, zieht er in einer Kurzschlussreaktion sein Schwert und tötet das Tier mit einem Hieb. Morgan Le Fay stirbt in schallendem Gelächter in dem Wissen, dass ihr Tod, den Tod aller besiegeln werde. Und so ist das Ende nicht mehr fern: Die Schlacht bricht zum letzten Male mit voller Härte aus, sie tobt den ganzen langen Tag. Am Abend stehen sich nur noch Artus und Mordred, sowie Sir Lucan und Sir Bedivere gegenüber. Alle anderen sind im Kampf gefallen. Artus zieht ein letztes Mal Excalibur, stürmt auf Mordred zu und spießt ihn auf. Das Schicksal spielt Mordred eine finale Kraft zu, mit der er mit seinem Schwert Artus Helm mit aller Wucht zertrümmert. Danach stirbt Mordred, Artus sinkt ohnmächtig zu Boden.


Ende und Anfang?

Mit letzter Kraft äußert Artus den Wunsch, zum Großen Wald gebracht zu werden, wo Sir Bedivere das Schwert wieder in den See werfen solle. Dieser bringt es zunächst nicht übers Herz, das kostbare Stück den Wellen zu übergeben und versteckt es deshalb. Als er aber von Artus gefragt wird, was er gesehen habe, und darauf falsch antwortet, schickt ihn der scheidende König erbost noch einmal fort, seinem Befehl zu gehorchen. Dieses Mal folgt Sir Bedivere des Königs Anweisungen und schleudert Excalibur mit aller Wucht in den See hinaus. Bevor das Schwert die Wasseroberfläche berührt, schnellt eine seidenweiße Hand aus dem Wasser, fängt das Schwert auf und schwingt es dreimal im Kreis und taucht dann wieder unter. Sir Bedivere hört den Gesang von Frauenstimmen, die ihm sagen, Artus ans Ufer zu bringen, um ihn zu heilen. Sir Bedivere erschaudert und kommt der Anweisung sofort nach. Zusammen mit Sir Lucan bringen sie den König ans Wasser, wo sie bereits von einem Kahn mit neun komplett schwarz verhüllten Königinnen erwartet werden. Sie legen den König wortlos auf das Boot und treten zurück. Durch eine geheimnisvolle Kraft bewegt sich der Kahn hinaus in den undurchsichtigen Nebel, der den ganzen See bedeckt. Die Königinnen bringen Artus nach Avalon. "Wartet!", ruft Sir Bedivere aus, "wird Artus sterben?" Die vorderste Königin streift ihre Kapuze ab - es ist Nimue, die Dame vom See: "Artus wird niemals sterben! Aber lasst ihn einige Jahrhunderte schlafen, damit er geheilt wird! Alle Menschen sollen für seine Rückkehr beten! Er ist der einstige und künftige König!"

Hat Artus wirklich existiert?

Wer kann sagen, wie lange Artus in Avalon lag? Wurde er geheilt? Wo befindet er sich jetzt? Ja, wird er jemals zurückkehren und wird sich Merlin wieder befreien, damit beide zusammen Britannien wieder Ruhm und Gerechtigkeit bringen können? Fragen über Fragen ... und man glaubt es kaum: Die heutige Wissenschaft befasst sich auch noch mit ihnen. Mehr dazu im zweiten teil dieses Mystic-NET-Kapitels.

 

2. Teil

 

Einleitung

Die Geschichte um König Artus und die Ritter der Tafelrunde liest sich wie ein Märchen aus längst vergangenen Zeiten. Niemand wird zunächst auf die Idee kommen, dass es König Artus jemals wirklich gegeben hat. Doch tatsächlich haben sich in den vergangenen Jahrzehnten viele Wissenschaftler, Historiker und Geologen gleichermaßen mit der Thematik befasst und nach Artus gesucht.
Der zweite Teil dieses Mystic-NET-Kapitels befasst sich mit den Forschungsarbeiten, die an verschiedenen historischen Werken durchgeführt wurden, um Artus' tatsächliche Existenz nachzuweisen. Es wurde bereits Überraschendes entdeckt ...

 

Artus' Erfinder

Tatsächlich ist die Artussage nicht einfach aus den Phantasien eines Dichters entstanden, sondern basiert auf Tatsachen! Man weiß sogar - im Gegensatz zu vielen anderen Märchen aus dem Gebiet der Heldensagen, aus wessen Feder die Erzählung stammt: Der Name Camelot (oder auch Camalot) wurde vom französischen Dichter Chrétien de Troyes Mitte des 12. Jahrhunderts n. Chr. geprägt. Er beschrieb in seiner Dichtung einen Königshof, an dem täglich neue Wunder geschahen in einer Welt, die auch heute noch Stoff von Mythen und Sagen ist. So richtig populär wurde die Gestalt des Artus allerdings erst, als der englische Historiker Geoffrey von Monmouth den Recken in seiner "Geschichte der Könige Britanniens" erwähnte. Zwar sollte dieses Werk eine zusammenfassende Abhandlung darstellen, mit dem Wahrheitsgehalt scheint es aber nicht allzu weit her zu sein. Monmouth setzt neben Königsbiographien Gedichte, Lieder und erfundenen Geschichten mit Phantasiegestalten, sowie historischen Personen, wie sie ihm gerade in den Sinn kommen.

Der Teil, der für die Artussage relevant ist, wird von einer Erzählung über seine Vorfahren eingeleitet, in einer Zeit, als sich Britannien gerade im Kampf gegen die aus Schottland eindringenden Pikten und die vom Festland stammenden Sachsen befand. In dieser Zeit kam der König Constans an die Macht, der drei Söhne, Möch Constans, Aurelius Ambrosius sowie Uther, hatte. Nachdem König Constans ermordet wurde, verhalf der Adlige Vortigern dessen Sohn Constans auf den Thron, ermordete ihn aber kurz darauf, um selbst an die Macht zu kommen. Nachdem die Krone mehrmals aufgrund von Komplotten den Besitzer wechselte, wurde schließlich Uther König, besser bekannt als Uther Pendragon ("Drachenhaupt"). Nachdem auch er vergiftet wurde, kam sein unehelicher Sohn Artus in jugendlichem Alter an die Macht, der die Feinde aus dem Land vertrieb und mittels des Zauberschwertes Excalibur für Ordnung sorgte.
Monmouth's Biographie ist jedoch nicht besonders ergiebig: Nach Artus' Abgang in der Schlacht gegen Mordred berichtet er nichts mehr über ihn, vielmehr setzt er seine Aufzählung mit späteren Regenten fort.
In späteren Jahrhunderten wurde die Sage mehrmals neu geschrieben, am bekanntesten ist die Fassung von Sir Thomas Malory aus dem 15. Jahrhundert: "Le Morte d'Arthur".

 

Geschichtsforschung

Wenden wir uns nun also den Ergebnissen aus der Wissenschaft zu:
Es gab tatsächlich einmal einen König Vortigern. Er hieß zwar nicht so, aber "Vortigern" heißt im Walisischen auch "Hochkönig". Doch als "Vortigern" ging die historische Person in die Geschichte ein. "Vortigern" hat um das Jahr 425 n. Chr. regiert. Vortigerns Nachfolger Riothamus kam nach der Militärherrschaft des Ambrosius Aurelianus (Geoffrey machte daraus "Aurelius Ambrosius") von 460 an die Macht. Solche Zusammenhänge lassen sich in der schlecht dokumentierten Frühgeschichte Britanniens nur schwer herausfinden; Geoffrey selbst beruft sich auf zwei Werke von Bede und Gildas, sowie auf ein nicht näher bezeichnetes Buch, das "sehr alt und in britischer Sprache" geschrieben war.

Dieses mysteriöse Werk ließ schon manchen Forscher schlaflose Nächte verbringen - und tatsächlich: Es scheint ein Buch zu existieren, bei dem es sich um Geoffreys dritte Quelle handeln könnte: "Historiae Brittonum", das ein gewisser Mönch namens Nennius um 800 geschrieben hat. Allerdings folgt es einem unlogischen, ja sogar chaotischen Schema, was Recherchen darin nicht unbedingt erleichtert, zumal sich Nennius bei den Jahreszahlen teilweise widerspricht. Artus soll innerhalb kurzer Zeit zwölf Schlachten gewonnen haben, bei der letzten hat er gar - etwa mit Hilfe von Excalibur? - 960 Menschen getötet. Wenigstens erleichterten Nennius' Angaben eine Datierung von Artus' Wirken auf den Zeitraum von 450 bis 460. Als später mit den "Annales Cambriae" ein weiteres Buch gefunden wurde, das den entsprechenden Zeitraum behandelt, kam es jedoch zu seltsamen Unstimmigkeiten: In diesem Buch wird "Der Streit von Camlann - Artus und Mordred fallen" ins Jahr 539 gelegt. Wenn Artus also bereits unmittelbar nach Vortigerns Regierungszeit auf den Schlachtfeldern kämpfte, dann wäre er 539 mindestens 90 Jahre als gewesen - ein Greis als Sieger über 960 Krieger? Schwer vorstellbar.

 

Wo liegt Camelot?

Während die Historiker hiermit eine herbe Niederlage erlitten, konnten die Archäologen schon eher "Siege" feiern. Sie gingen das Problem von einer anderen Seite an und stellten sich die Frage, wo der historische Artus gelebt hat.
Lange Zeit nahm man an, seine Heimat läge in Nordengland. Alte Quellen sprachen jedoch vom Westen Englands. Geoffrey selbst sprach von Tintagel in Cornwall. Weiterhin schrieb John Leland im Jahre 1542: "Ganz am südlichen Ende der Kirchengemeinde von South Cadbury steht Camallate, einst eine berühmte Stadt oder Festung ... Die Leute erzählen, dass sich Arthur oft in Camallatte aufhielt". Der Sprachwandel von Camallate nach Camelot entspricht dem walisischen Dialekt. Ausgrabungen, die aufgrund dieser frappierenden Ähnlichkeit angesetzt wurden, brachten einige teure Töpferwaren, die im 5. Jh. aus dem Orient importiert wurden, zu Tage. Später fand man dann noch die Fundamente einer großen Halle, die ebenfalls auf das 5. Jahrhundert nach Christi Geburt datiert wurde. Weiterhin fand man am Hang des Hügels, auf dem Cadbury Castle einst stand, einen Torbogen, durch den - wie die Alten schon lange erzählten - einst ein Weg namens "Arthurs Pfad" hinaufführte. Es musste sich um Camelot handeln!

 

Ein fataler Fehler ...

Aber auch die Historiker gaben obgleich der anstrengenden Suche nicht auf und arbeiteten weiter mit alten Quellen - neuerdings nicht nur walisischen und englischen Ursprungs, sondern auch vom Festland - ein so heldenhafter König wie Artus konnte doch nicht an Europa vorbeigegangen sein, ohne dass davon Notiz genommen wurde. Und so fand man schließlich mehrere Bücher, in denen von Artus die Rede war. Schließlich konnte man daraus isolieren, dass die letzte Schlacht zwischen Mordred und Artus zu einer Zeit war, als in Konstantinopel Kaiser Leo I. herrschte, Simplicius in Rom Papst war und als im Weströmischen Reich Lucernius and er Macht war. Die Amtszeiten der drei Regenten überlappten sich nur in den Jahren 469 und 470. Artus' Todesjahr konnte hiermit auf 470 n. Chr. datiert werden.

Geoffrey aber verlegte die Schlacht ins Jahr 542. Warum diese seltsame Zeitverschiebung? Wie man schon zu dieser Zeit wusste, trat in vielen Quellen ein Zeitversatz von 28 Jahren auf, was schon oftmals der Grund für historische Fehlschlüsse war. Wenn man die 28 Jahre vom angenommenen Jahre 470 wieder abzieht, so erhält man 442 als Todesjahr. Weil Artus aber im Jahre 460 noch Kriege führte, war Geoffrey vermutlich irritiert. Die einzige plausible Erklärung war für ihn ein Schreibfehler - Geoffrey "korrigierte" ihn und machte aus 442 schlicht 542 - ohne zu ahnen, wie viele schlaflose Nächte er manchem Forscher damit beschert hatte ...

Die Artusforschung ist noch lange nicht beendet. So fand man jüngst heraus, wer Artus denn nun wirklich war. Die einzige Person, deren kriegerische Aktivitäten mit denen des literarischen Artus übereinstimmten, war König Riothamus, der bekanntlich Vortigern auf den Thron folgte. Riothamus leitet sich nun wiederum vom walisischen Rigotamos ab, was so viel heißt wie oberster Herrscher. Nur er führte eine Armee in das heutige Frankreich und stieß bis Burgund vor. Er wurde Opfer eines Verrats durch einen seiner Anführer. Der verbriefte Rückzug nach seiner letzten Schlacht nach Avallon fand im Jahr 470 statt.
Warum ging Riothamus aber als Arthur oder Artus in dies Geschichte ein? Das kann man sich damit erklären, dass früher viele Adelsherrscher zwei Namen hatten, von denen aber nur einer geläufig war und der andere in Vergessenheit geraten ist.

 

 

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